Sonntag, 1. Oktober 2017

Kopftuch für das Mittelalter

oder wie ich unter meine Haube gekommen bin

Irgendwann stellt sich für jede ernsthafte Reenactment Darstellerin die Frage: "Was zum Geier mach ich mit meinen Haaren und für welche Art von Kopftuch entscheide ich mich?"

Mir ging es nicht anders. Ich habe viel getestet:
- das simple Dreieckstuch hinten eingeschlagen, 
- das lange schmale Rechteck, einfach im Nacken geknotet
- die Brigitta Haube, mit und ohne Schleier
- die Kombi Brigitta Haube, Wimpel und Schleier
- verzweifelt versucht irgendetwas zu wickeln... 

Irgendwie saßen nur die ersten beiden Varianten so gut, daß ich damit auch arbeiten konnte. Allerdings war dann immer der Hals frei und zum Sonntagsstaat passten diese Kopfbedeckungen auch nicht.
Der Versuch mit einem Stoffstreifen, auf den ich einfach den Schleier steckte, misslang. Er rutschte ständig, saß nie mittig und musste gefühlt jede Halbestunde gerichtet werden. Auch war es arg schwer ohne Spiegel und Hilfe es überhaupt ansehnlich hinzubekommen. Ganz zu schweigen vom Haaransatz, der immer immer heraus blitze.
Bei der Brigitta Haube in Kombi mit Schleier war es nicht anders. Zu fest gebunden, tat mir nach einem halben Tag die Ohren weh. Zu locker gebunden rutschte es und die Haare waren sichtbar.
Ganz schlimm wurde es als ich versuchte einen Wimpel um den Hals zu befestigen. Gefühlte Unmengen an Nadeln im Kopf und trotzdem blieb nix da wo es sollte. Hinzu kam, dass mir das auch fast zu viel Stoff war und an arbeiten war gar nicht zu denken. Ohne Spiegel oder Hilfe auch nur schwer umsetzbar.

Ich wollte ein Kopftuch das einfach zu binden ist, nicht so leicht verrutscht, gut sitzt und festhält. Mit dem man arbeiten kann, das ohne Spiegel zu binden ist und keine/kaum Nadeln braucht um zu halten. Wenn es dann noch Haar und Hals bedeckt, wäre es perfekt.
Ach ja, es sollte auch noch gut aussehen. Etwas eitel ist man ja doch.


Gedanklich hatte ich mich schon mit meinen simplem Kopftücher abgefunden bis ich über Abbildungen gestolpert bin, die mich neugierig werden ließen. 
Beides Bilder von Bartholomäus Zeitblom:
https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/OFBJAP6QDWUKH72IZLNHLMJFVRCU73AW?query=affiliate_fct_role_normdata%3A%28%22http%3A%2F%2Fd-nb.info%2Fgnd%2F104187980_1_affiliate_fct_involved%22%29&isThumbnailFiltered=false&rows=20&offset=40&_=1506871950240&viewType=list&firstHit=DJMIBNPPBXUS3EIYVNMZOOLN75VW5MVA&lastHit=lasthit&hitNumber=54 

und 

https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/VPUUUORKBI7BAMJVAPNLXKQJRLCFTAZN?query=affiliate_fct_role_normdata%3A%28%22http%3A%2F%2Fd-nb.info%2Fgnd%2F104187980_1_affiliate_fct_involved%22%29&isThumbnailFiltered=false&rows=20&offset=60&_=1506872063274&reqType=ajax&viewType=list&firstHit=DJMIBNPPBXUS3EIYVNMZOOLN75VW5MVA&lastHit=lasthit&hitNumber=71

Zugegeben sind die Bilder nicht aus unserem Darstellungzeitraum, aber sie brachten mich zum Nachdenken. Vergleiche mit anderen Bildern brachten ein unverkennbare Ähnlichkeit zu tage.

Also habe ich mit etwas Stoff getestet, inspiriert von den oben erwähnten Bildern und es gefiel mir auf Anhieb. Probeweise mal kräftig den Kopf geschüttelt. Es hielt. Dann blind, also ohne Spiegel gebunden. Es saß genauso gut.
Ich habe mein Kopftuch gefunden und es ist auch noch recht variabel.

Für Euch nun die Anleitung. Viel Spaß beim ausprobieren.
Ich würde mich freuen, wenn ihr mir Feedback gebt. Und mich interessiert es brennend wie es sich mit feinem Leinen verhält. Solltet ihr vor mir die Leinenvariante testen, lasst mich teilhaben. Ich bin neugierig.

Anleitung für eine mittelalterliche Kopfbedeckung

Variante 1

Hält gut und ist etwas luftiger als die zweite Variante.

Für alle Varianten braucht ihr ein Stück Stoff mit den Maßen 75x170 cm. Ich nutze dünnen Wollstoff. Leider ist er mir eingelaufen, dass ich nur 70x160 cm hatte. Vorm waschen und einlaufen saß es noch besser. Die paar Zentimeter machten einiges aus.




1) Ihr legt es euch über den Kopf und greift die Ecken einer Seite. Diese werden, am Hinterkopf leicht seitlich, festverknotet.

 

















2) Nun nehmt ihr das lange Ende über eure Schulter und führt es einmal über euren Kopf. Fühlt nach ob es ungefähr gleich lang ist.

 
 











3) Schnappt euch die Enden die an der Seite sind und klemmt sie am Nacken unter euer Tuch.







Fertig ist Variante 1.



Variante 2

Hält gut, ist sehr anständig und ist recht warm.

Schritt 1 und 2 sind die gleich.






Nun habt ihr auf der Seite wo der Knoten ist eine Art kleine Tasche. 
Ihr rafft den Stoff auf der anderen Seite und führt ihn um den Hals. Das Ende des Tuches steckt ihr in die Tasche.











Fertig ist Variante 2.


Variante 3

Ist auch sehr anständig, hält gut, braucht nur zwei Nadeln und keinen Spiegel. Dafür noch mal ein extra Stück Stoff, als Schleier geschnitten. Ob Rund, Oval oder Halbkreis ist da eurem persönlichen Geschmack überlassen.

Als erstes macht ihr mit dem langen Tuch Variante 2. 
Nun nehmt ihr den Schleier und legt ihn oben drüber.





Um das Ausrichten kommt ihr nicht drumherum. Fühlt nach ob die Enden auf gleicher Höhe enden.


















Feststecken und fertig.



1 Kommentar:

  1. Es wird zwar noch etwas dauern, bis ich wirklich mit Kopfbedeckung unterwegs bin. Bin aber schon eine Weile am Recherchieren, welche Variante passend wäre und auch gefällt. vielen Denk für deine ausführlichen Erklärungen, die ich mir auf jeden Fall merken werde. Mit etwas Glück denke ich auch daran, über meine Erfahrungen zu berichten.

    LG und einen schönen Abend wünscht die Rabin ^^

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